Fundstücke - Objekte erzählen Geschichte(n)
Beispiele aus der Sammlung
Die folgenden 15 Objekte geben einen beispielhaften Überblick über die umfangreiche Sammlung des Berliner S-Bahn-Museums. Zugleich geben sie einen Einblick in die Entwicklung der Berliner S-Bahn, ihre gesellschaftlichen Wechselfälle und die technische Innovation, die dieses Verkehrsmittel für die deutsche Hauptstadt bedeutete.
Besondere Befehlsstäbe
Kategorie: Politik
Aussage: Übergabe S-Bahn in West-Berlin, Statusänderung, Ende und Neuanfang
Drumherum: weitere Abschieds- und Eröffnungsdevolutionalien
Die „Kelle“: offiziell heißt sie „Befehlsstab“ und dient der optischen Erteilung des Abfahrauftrages an das Triebfahrzeugpersonal. Auch wenn sie heute weitgehend verschwunden ist, im Einzelfall kommt sie noch immer zum Einsatz. Gerne wird die „Kelle“ gehoben, wenn Politiker oder andere wichtige Leute Strecken eröffnen oder neue Fahrzeuge auf die Reise schicken. Am 9.1.1984 gab der damalige Regierende Bürgermeister Richard von Weizsäcker auf dem Anhalter Bahnhof dem offiziell ersten S-Bahnzug in BVG-Regie den Abfahrtauftrag nach Lichtenrade. Rund ein Jahr später schickte sein Nachfolger Eberhard Diepgen die S-Bahn auf der wiederhergestellten Wannseebahn (S1) auf die Reise. Aus diesen Anlässen haben sie sich - genau wie weitere Senats- und BVG-Vertreter - auf den ausgestellten Befehlsstäben mit ihren Unterschriften verewigt.
SV-Signal
Kategorie: Betrieb/Technik
Aussage: Dichter Takt, Grundlage für S-Bahn-Betrieb
Drumherum: Stellwerkstechnik, Zuggruppenschilder, Betriebsunterlagen, Signalmodelle
Ein leistungsfähiges, sicheres und dichtes Zugangebot ist nur mit einem dafür ausgelegten Signalsystem möglich. Die Elektrifizierung der Berliner Stadt- Ring- und Vorortbahnen in den 1920er Jahren brachte auch auf diesem Sektor umfassende Veränderungen. Zumindest auf den dicht befahrenen Innenstadt-Abschnitten hatten die alten, handbedienten Formsignale ausgedient. Es wurde ein selbsttätiger, durch die Züge selbst gesteuerter Streckenblock mit enger Signalfolge eingeführt. Die elektrisch beleuchteten und betriebenen Tageslichtsignale stellen eine Verbindung zwischen Hauptsignal und Ankündigung des nächst folgenden Signales (Vorsignal) dar. Eine Taktfolge von bis zu 90 Sekunden war nun möglich. Diese Signale („Sv-Signale“) wurden je nach konkretem Standort im Netz technisch variiert und in zwei Bauformen (Bauart ‚Stadtbahn‘ mit starren Einzelblenden und moderne Bauart ‚Ringbahn‘ mit wechselnden Blenden) aufgestellten. Bei einem Halt-zeigenden Signal berührt ein Auslösehebel am Zug im Falle eine Vorbeifahrt den Streckenanschlag am Signal und löst eine Zwangsbremsung aus. Moderne „Ks-Signale“ und elektromagnetische Sicherungen („Balise“) haben inzwischen die alten Bauformen abgelöst. Das Sicherungssystem ist aber bis heute das alte und bewährte.
Wiedereröffnungsschild 1989 Wannsee-Griebnitzsee
Kategorie: Politik/Stadt
Aussage: Teilung und Überwindung - Verbindung von Stadt und Region
Drumherum: weitere (Eröffnungs-) Schilder
Nach dem Mauerfall 1989 wurden enorme bauliche und finanzielle Anstrengungen unternommen, das durch Teilung, teilweise Stilllegung und Investitionsstau vernachlässigte S- und Regionalbahnnetz wieder herzustellen und zu einer attraktiven Alternative zur Blechlawine auf den Straßen auszubauen. Ein allererster, eher noch symbolischer Schritt war die Einführung eines Nahverkehrsangebotes auf der Schiene zwischen Berlin (West) und Potsdam mit Doppelstockzügen auf den Ferngleisen am 22. Januar 1990. Anfangs wurden hier sogar noch die Personaldokumente kontrolliert. Das große grüne Schild schmückte die Eröffnungslok und hing lange im S-Bahnhof Griebnitzsee, später im benachbarten S-Bahn-Museum. Seit dem 1. April 1992 verkehren zwischen der Bundeshauptstadt Berlin und der Landeshauptstadt Potsdam wider elektrische S-Bahnzüge.
Schild Olympiastadion/Reichssportfeld
Kategorie: Betrieb/Stadt
Aussage: Massenverkehr, vielfältige Aufgabe der Stadt und ihrer Orte
Drumherum: weitere Schilder, Werbung, Betriebsunterlagen
Die Berliner S-Bahn: das ist werktägliches Fahren zur Arbeit, das ist Einkaufen, zum Kino oder an den Müggelsee fahren. Natürlich hat auch die S-Bahn ihre „Höhepunkte. Das ist zum Beispiel, wenn im Olympiastadion Fußball gespielt wird, in Karlshorst die Pferde traben oder sich auf dem Alexanderplatz 1973 hunderttausende junge Menschen aus aller Welt zu den Weltfestspielen der Jugend treffen. Dann gibt es Sonderfahrpläne und Sonderzüge und viel Arbeit für Eisenbahnerinnen und Eisenbahner. Heute gibt es nur noch am Olympiastadion einen Sonderbahnhof; er wurde ursprünglich schon vor dem ersten Weltkrieg angelegt. Für die Olympiade 1936 wurde er erweitert und hieß damals „Reichssportfeld“. Die Schilder wurden später mit „Olympiastadion“ übermalt und hingen bis in die 1990er Jahre. Beim Abbauen fielen noch die Granatsplitter, die im 2. Weltkrieg Löcher ins Blech geschlagen hatten, herunter…
S-Bahn-Symbole
Kategorie: Betrieb/Technik
Aussage: Werbeträger, Orientierung
Drumherum: weitere Symbole
Lange war es ein Geheimnis, durch wen und unter welchen Umständen das am 1.12.1930 offiziell eingeführte S-Bahn-Zeichen entstand. Im Januar 2021 konnte Mathias Hiller vom Berliner S-Bahn-Museum die Hintergründe ermitteln. 1929 beauftragte die DR den bekannten Grafiker Fritz Rosen mit der Entwicklung eines eingängigen Zeichens für den Berliner „Stadt-, Ring- und Vorortverkehr“. Nach längeren Diskussionen und Versuchen entwarf Rosen das im Kern noch heute verwendete weiße S auf grünem Grund. Auch seine Bedeutung ist nun klar: „Stadtbahn“. Das Zeichen wurde (in variierter runder Form) zum Markenzeichen des Stadt- und Vorortverkehrs der Bahn in ganz Deutschland und findet in veränderter Form und Farbe inzwischen auch Anwendung in anderen Ländern.
DR-Uniform
Kategorie: Politik/Betrieb
Aussage: Traditionslinie, Ost- und West, Befehlsbetrieb
Drumherum: weitere Uniformen, Unterlagen aus Ost und West
Während in der BRD und in West-Berlin seit den 1970er Jahren vielfach Uniformen durch zivilere Dienstkleidung ersetzt wurde, blieb die DDR bis zu ihrem Ende ein uniformierter Staat. Eisenbahner/innen trugen eine militärisch anmutende Uniform mit Abzeichen zu Dienstrang (Schulterklappen) und Betriebszweig (Farbe der Paspelierung). Diese Uniform ähnelte der DR-Uniform von 1937 – natürlich ohne Nazi-Adler. Auch der Name der Bahn war gleichgeblieben: Deutsche Reichsbahn. Verändert hatte sich die Kokarde an der Mütze: Schwarz-rot-gold. So wie im Westen und anders als an anderen Uniformen in der DDR, wo das Staatswappen der DDR-getragen wurde. Der Vergleich zwischen der Uniform der DDR-Transportpolizei (links) und einem Eisenbahner der DR-Bahnpolizei in West-Berlin macht den Unterscheid deutlich. Und so war die Berliner S-Bahn – trotz aller ideologischen Differenzen zwischen Ost und West – über viele Jahrzehnte ein Stück deutsche Einheit.
Wanne
Kategorie: Betrieb/Technik
Aussage: Dichter Takt, Grundlage für S-Bahn-Betrieb
Drumherum: Stellwerkstechnik, Zuggruppenschilder, Betriebsunterlagen, Signalmodelle
Heute kann jede/r jeden Bahnsteig ohne Kontrolle betreten. Über viele Jahrzehnte war das anders. Wer einen Zug nehmen wollte, löste (meistens) am Schalter eine Fahrkarte, wer nur auf den Bahnsteig wollte, z.B. um Freunde abzuholen, löste eine Bahnsteigkarte. An der Sperre wurde die Karte kontrolliert und mit der Zange gelocht/entwertet. Beim Verlassen des Bahnsteiges gab man die Karte an der Sperre ab. Dies erfolgte an kleinen, i.d.R. mit zwei Personen besetzten Häuschen – wegen ihrer Grundrissform von den Eisenbahnern „Wanne“ genannt. Gitter und Schilder wiesen den Weg zu Ein- und Ausgang. Später wurden Fahrkartenverkauf und Kontrolle oft in einem Arbeitsschritt zusammengefasst, dafür entstanden, insbesondere in West-Berlin – sogenannte „Passimeterhäuschen“. Die letzten Sperren in Berlin gab es bis Mitte der 1980er Jahre am Fernbahnhof Zoo
SiFa-Simulator
Kategorie Betrieb/Technik
Aussage: Sicherer und wirtschaftlicher elektrischer Betrieb
Drumherum: Fahrzeugteile, Stromversorgung, Streckenanschlag
Dieses Bild zeigt einen epochemachenden technischen Sprung nach vorn. Wo früher ein Heizer Kohlen schaufelte und ein Lokführer viele Hebel bedienen musste, um die Lok zu steuern, reicht seit Einführung des elektrischen Zugbetriebes ein Knopfdruck. Mit dem Fahrschlüssel werden die Anfahrbeschleunigung und die Richtung der Fahrt eingestellt. Durch das Herunterdrücken des Fahrschalterknopfes mit der linken Hand schließen Kontakte, die Motoren bekommen Strom, der Zug fährt los. Alle S-Bahnzüge seit den 1920er Jahren haben diese bequeme, körperlich leicht zu bedienende Technik. Mancher nennt es auch „Totmannknopf“. Das ist aber eher die nachträglich eingebaute SiFa - Sicherheitsfahrschaltung. Sie muss – mit dem linken Daumen der auf dem Fahrschalter liegenden Hand - regelmäßig gedrückt und gelegentlich losgelassen werden, sonst wird der Zug zwangsgebremst. Die rechte Hand liegt am Führerbremsventil. Mit dieser Technik ist sicheres Fahren mit nur einer Person im Führerstand möglich. Moderne Züge haben ebenfalls diese Einrichtungen, auch wenn sie natürlich heute anders aussehen als dieses rund 50 Jahre alte Modell. Mit dem SiFa-Simulator können das Fahren, die Nutzung der SiFa und das Bremsen geübt werden.